“du gehst nicht, alter, das ist dein problem, und das schon, so lange ich dich kenn. immer das bein frei hoch, aber dann doch nicht den schritt machen. so stehst du da rum in der landschaft, du tänzer, mittendrin angehalten.”
Christian Geissler – kamalatta
In der gegenwärtigen BRD, in der nicht mal ein Hauch von Grundsätzlichkeit zu spüren ist; in der es weder eine radikal-handelnde noch eine frei-denkende “Linke” gibt; fast nichts, woran wir anknüpfen können, überlassen sich allzu viele, die einmal mehr und anderes wollten, ihrer Agonie und ihren wahlweise kleinbürgerlichen, liberalen, künstlerischen, sozialdemokratischen, konservativen oder sonstwie privatistischen Wunschphantasien. Gegen den Gedanken eines kompromisslosen Dagegen sind heute viele, und gerade viele Erfahrende geimpft – sie schweigen, zum Wahnsinn des Ausnahmezustands und des Krieges, obwohl sie es besser wissen und anders wollen und auch ahnen, dass angesichts der totalen Verwüstung, die das Covid-Regime und seine bereitwillige Adaption angerichtet hat; angesichts der überall durchschlagenden Formierung dieser Gesellschaft noch ganz andere Dinge anstünden als ein paar entglaste Geschäfte in der Stuttgarter Innenstadt oder einige mit Böllern beschossene Bullen in Berlin-Neukölln. Aber selbst diese kleinen Ausbrüche sind eine Randerscheinung: Vorherrschend sind emsiges Angepasstsein, dumpfe Folklore und staatstragende Bekenntnisse.
Wir können uns selbst hassen ob der verzweifelten Lage und uns der Depression freimütig hingeben. Oder wir richten, wo uns der konkrete Halt einer kämpfenden Bewegung fehlt, fragend den Blick in die Vergangenheit und ins Ausland. Deutschland, Frankreich, Italien. Die 70er, 80er, 90er – und das Beste von Heute. Nicht, weil wir Schwärmer und Romantiker sind, das sind wir selbstverständlich auch, sondern im ganz nüchternen Wissen um die Notwendigkeit eines grundlegenden Antagonismus zur Staatsmacht. Wenigstens als vage Idee und Erinnerung – wollen wir festhalten, dass das, was ist, nicht alles ist. Zugleich erinnern wir uns aber, dass Ideen nur eine Bedeutung haben, wenn ihnen auch praktisch Nachdruck verliehen werden kann. Und umgekehrt: Dass der handfesten Tat stets ein erhellender Gedanke zur Seite springen muss, soll die Bresche, die der Aufstand in die Festung der Ordnung schlägt, nicht im allgemeinen Spektakel sofort wieder zu gekleistert werden.
Aus dem Zustand absoluter Schwäche, Isolation und Defensive ausbrechen können wir bloß, wenn wir überhaupt wieder den Willen aufbringen, aus den erdrückenden Trümmerbergen etwas Neues aufzubauen. Deshalb also, um uns der omnipräsenten Ermüdung und Ermattung entgegenzustemmen, wollen wir uns versammeln. Im Kleinen, an einigen Abenden und Orten. Uns einigen Splittern und Scherben, die geblieben sind, zuwenden und dem wenigen wertvollen zuhören, das hierzulande noch zum Aufstand gedacht, gesagt, geschrieben oder übersetzt wird.